Wenn du nur auf Safari, beim Sonnenuntergang in der Toskana oder mit Blick auf den Grand Canyon gute Fotos machen kannst, dann verpasst du etwas ganz Entscheidendes: den Alltag. In Episode 051 von Coffee & Cameras habe ich darüber gesprochen, warum gerade alltägliche Motive die perfekte Spielwiese für bessere Bilder sind – und wie du deinen Blick fürs Wesentliche schärfen kannst.
Versteh mich nicht falsch: Außergewöhnliche Motive sind toll. Aber jeder kann am Taj Mahal ein tolles Bild machen. Jeder bekommt in Island epische Fotos hin. Aber was ist mit dem Parkplatz um die Ecke? Dem Markt am Samstagmorgen? Der Bushaltestelle in der Morgensonne?
Die Wahrheit ist: Wirklich gute Fotografie entsteht nicht dort, wo das Motiv schon laut “Wow” schreit. Sondern da, wo du mit deinem Blick, deinem Gespür und deinem Timing aus “nichts” etwas Besonderes machst.
Im Alltag begegnet dir selten das perfekte Licht, die aufgeräumte Kulisse oder das atemberaubende Motiv. Du musst mit dem arbeiten, was da ist. Und genau das ist es, was dich als Fotograf wachsen lässt. Wenn du lernst, in langweiligen Räumen mit schlechtem Licht trotzdem ein spannendes Bild zu machen – dann wird’s spannend.
Ich sag’s mal so: Wenn du nicht auf Safari bist, dann brauchst du Skills. Kreativität. Geduld. Und eine Idee, was ein Bild erzählen soll.
Die große Kunst liegt darin, dem Gewöhnlichen einen neuen Ausdruck zu geben. Und dazu musst du nicht mal weit laufen: Ein einfacher Spaziergang durch dein Viertel reicht völlig. Geh auf den Wochenmarkt. Schau dir Schaufenster, Fahrräder, Straßenpflaster an. Entdecke das Muster eines Gitters, den Glanz auf einer Bananenschale, das Spiel aus Licht und Schatten an einer Hauswand – das ist Fotografie im Alltag.
Ich war neulich mit der Fujifilm X100VI unterwegs – ganz ohne Ziel. Und was soll ich sagen? Ich habe Motive gesehen, die mir sonst nie aufgefallen wären. Ein gelbes Ladekabel, das sich über die Straße geschlängelt hat. Blumen, die in Eimern auf dem Markt standen. Menschen, die sich unterhielten, warteten, schauten. Kein Motiv für den “National Geographic” vielleicht. Aber für mein Auge: Gold wert.
Die Bilder siehst du ganz oben auf der Seite, hier nochmal eins in Groß.
Gerade im Alltag kannst du lernen, wie stark Reduktion wirkt. Wenn du ein einzelnes Element hervorhebst, bewusst störende Dinge weglässt, den Rahmen enger setzt oder einen klaren Kontrast einbaust – dann erzählt dein Bild plötzlich eine Geschichte. Ein gelbes Kabel auf grauem Pflaster. Eine Hand, die nach einer Blume greift. Eine alte Frau, die mit ihren Einkäufen an der Bushaltestelle sitzt. Mehr braucht es nicht.
Wenn du dir dazu noch die richtigen Filmsimulationen oder JPEG-Rezepte vornimmst – wie ich es mit Classic Chrome oder Nostalgic Neg gemacht habe – bekommst du sofort eine andere Bildwirkung. Nicht, weil der Sensor besser ist, sondern weil du bewusster entscheidest, wie du siehst.
Die Kamera ist nicht nur zum “Knipsen” da. Sie ist ein Werkzeug, um zu beobachten. Je mehr du im Alltag fotografierst, desto sensibler wirst du für Formen, Farben, Licht und Stimmungen. Du lernst, zu reduzieren, zu abstrahieren, Dinge bewusst auszuwählen und auch mal etwas wegzulassen. Und du trainierst deine Kreativität viel mehr, als wenn du immer nur auf den einen “perfekten Moment” wartest.
Im Alltag hast du selten optimale Bedingungen. Oft hast du schlechtes Licht, unaufgeräumte Räume, störende Elemente. Und genau dann zeigt sich, wie gut du improvisieren kannst. Kannst du mit Gegenlicht arbeiten? Einen langweiligen Hintergrund überstrahlen lassen? Das Beste aus einem Raum rausholen, in dem alles zu eng, zu dunkel oder zu bunt ist? All das übst du nicht am Grand Canyon, sondern beim Spaziergang in deiner Stadt.
Wenn du das trainierst, wirst du in Shootings viel souveräner. Du siehst schneller, was funktioniert. Du brauchst weniger Zeit fürs Setup. Du arbeitest intuitiver. Kurz: Du wirst besser.
Wie finde ich im Alltag gute Motive?
Indem du achtsam bist. Geh mit offenen Augen durch die Welt. Beobachte Details, Farben, Strukturen.
Was kann ich tun, wenn mich meine Umgebung langweilt?
Setz dir kleine Aufgaben: fotografiere nur Linien, nur Gelb, nur Gegenlicht. Oder wechsle bewusst den Blickwinkel.
Welche Kamera ist am besten für Alltagsfotografie?
Die, die du dabei hast. Keine Ausreden! Wie viele Kameras hat dein Smartphone?
Kann man aus langweiligen Motiven wirklich starke Fotos machen?
Absolut. Gerade dort zeigt sich dein fotografisches Können. Weniger Ablenkung = mehr Gestaltungsspielraum.
Wie hilft mir das im Job als Fotograf:in?
Wenn du im Alltag kreativ mit widrigen Bedingungen umgehen kannst, wirst du im Kundensetting viel souveräner und schneller zu guten Ergebnissen kommen.
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Du brauchst keinen Grand Canyon, um starke Bilder zu machen. Du brauchst deinen Blick. Deine Kamera. Und Lust, genauer hinzusehen. Der Alltag ist voller Motive – wenn du lernst, sie zu erkennen.
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Bis bald,
Michael
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